Endlosersommer

Döner, Frost, Satelliten TV

Oh süße Türkei, wenn man aus Mittelasien kommt wirkst du so sauber, so heimisch so europäisch und auch so kalt. Nur mit einem T-Shirt an, fühlen sich 12 Grad wie Frost an. Mit der Metro fuhren wir in die Innenstadt – das rücksichtslose Gedränge am Einstieg erinnert dann doch aber an Indien.
Am Taxim hatten wir uns mit unserer Freundin Kristin aus Rheda verabredet, sie unternimmt in der Türkei Feldstudien für ihre Masterarbeit. Es ist immer wieder witzig bekannte Menschen überall auf der Welt wieder zu treffen. Sie hat uns auch gleich ein paar Adressen von nahen Hostels besorgt und wir konnten bald durch die Stadt und warme Sachen einkaufen, futtern und Tickets besorgen, um zusammen nach Izmir bzw. Akhisar am nächsten Tag zu fahren. Hierzu komm ich später nochmals zurück.

Zuerst das Wichtigste und Schönste: das Essen. Ich hätte nie gedacht, dass ich türkisches Essen so vermissen könnte. Im vegetarischen Indien wo die Kühe heilig sind gibt es nicht annähernd so bissfeste und saftige Happenpappen wie ein türkischer Döner. Oh mein Gott, Dürüm, Köfte, Ocakbasi, wie hab ich mich darauf gefreut. Und gerade die Istiklal Cadde ist voll mit paradiesisch duftenden Fleischoasen. Paradies!

Von Indien

Am nächsten Tag bin ich mit Tugca durch die Straßen geschlendert als überraschend unsere Fairy-Janira aus Goa zufällig ins Bild hüpfte. (Wir wussten zwar dass sie auch gerade in Istanbul ist, aber wegen Dysfunktion deutscher Netzbetreiber, war die Kommunikation lahm gelegt.)
So sind wir zu dritt durch die verwinkelten Straßen von Galata und Beyoglu geschlendert und über alte Zeiten in Goa und Pläne in der Zukunft philosophiert. Janira hat nach einer intensiven Selbstfindung ihren geplanten 10 jährigen Trip abgebrochen und geht nun zurück nach NewYork um Karriere zu probieren und ihrem Bauchgefühl zu gehorchen. Bis wieder dieser süße Durst nach Freiheit und Abendteuerdrang, Träume und Gedanken einen beherrscht. Wir Traveler haben halt doch etwas gemeinsam: wie ein Zugvogel vertrauen wir auf die Instinkte die uns wissen lassen wann es Zeit ist zu ziehen und wann wieder zurück zu kehren. Wie eine innere Uhr mit einem Kompass auf der Rückseite.

Von Indien

Am Abend trafen wir uns mit Kristin um unseren Bus an die Ägäis zu erwischen. Ein 5 Sterne Reise Bus, der für die 500km keine 25€ kostet. Wir nahmen das Taxi, da die Zeit schon knapp wurde und wie Murphy schon wusste, passiert ein Unglück immer dann wenn man’s nicht braucht. So zogen an diesem Abend viele Soldaten in ihre Kasernen ein. (In der Türkei herrscht 15 Monate Wehrpflicht, die keinesfalls so human sind wie ehemals in Deutschland und die Chance dem zu entkommen beschränkt sich auf Landflucht. Und um der grauen Zeit etwas Sonne zu geben wird (ähnlich wie bei der Einschulung) groß gefeiert.) Also gerieten wir in einen Stau aus feiernden Jugendlichen. Und dann fiel Tugca plötzlich ein, dass sie ihre heilige Palme vergessen hat. (In Sri Lanka hat sie einen teuren Rotfarn von einem Mönch erbettelt und seit dem im Gepäck gehabt. Am Flughafen hat sie den Beamten die Augen verdreht, so dass sie den Baum sogar schmuggeln konnte.) Nach all den Strapazen, wollte sie die Palme keinesfalls aufgeben und bat das Taxi trotz Zeitmangel sofort umzudrehen. Ich sah den Bus schon ohne uns abfahren, aber dank der feiernden Soldaten, ging eh nichts pünktlich los und wir schafften es just in time.
Der Bus war übrigens ausgestattet mit high-end Entertainment-System: Satelliten TV, Filme, Computerspiele und Internet. Allerdings gab es kein WC bzw. Beinfreiheit. Mit so etwas hätten wir bei AutoFischer nicht punkten können. Man merkt halt doch, noch in einer fremden Kultur zu stecken.

Von Indien

Nun sind wir in Akhisar bei Tugcas Papa und genießen heimische Stube und Großbildfernsehen.

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