Der Norden Brasiliens ist sehr arid und wirkt oft wie eine ausgedörrte Steppe (dies trifft jetzt sogar mehr zu, da es schon lange keine Monsunregen mehr gab, siehe vorherige Posts).
Daher wollte ich eine kleine Abwechslung auf dem Plan bringen und eine Bootstour durch das sumpfige und tierreiche Delta von Parnaiba anbieten. Alle stimmten ein und ich organisierte mit der Hilfe unseres Gastgebers Mat von dem Hostel Cabana Bar in Cajueiro einen „kleinen“ Tagestrip.
Wir brachen früh um 7 Uhr auf, denn der Capitain Pedro erwartete uns zeitig. Das Boot war gegen meiner Erwartung ein Schnellboot und ich munkelte ob das wirklich eine ECO-Tourism Tour werden sollte.
Aber meine Befürchtungen verflogen schnell, denn Pedro war ein erfahrender Einheimischer der schon sein ganzes Leben im Delta verbrachte und soviel zu erzählen und zu zeigen wusste, dass wir wirklich schnell von Ort zu Ort mussten um überhaupt alles zu erleben. Wir sahen die Fischer mit ihren kleinen Booten Shrimps und Piranhas fischen (und nahmen gleich ein paar mit). Wir erfuhren wie die Fallen für Krabben gelegt werden und wann der beste Zeitpunkt zum Angeln ist (nämlich kurz vor Niedrigwasser, wenn besonders wenig Salzgehalt im Wasser ist).
Pedro schnappte sich beim scheinbaren vorbeifahren so einen Angler an die Hand und wir stiegen kurzerhand in dessen Boot. Nun ging es mit Paddel durch die engen Kanäle des Mangroven-Labyrinths. Die Augen des Guides mussten von einem Falken abstammen, er sah Dinge bevor sie erschienen, quasi bevor sie passierten. „Da! ein gelber Frosch…, Dort! 5 Fruchtfledermäuse und da drüben hockt ein ausgewachsenes Leguanmännchen!“
Hin und wieder gab er verschiedene Laute von sich, als ob er singen würde oder eine authentische Urwald Atmosphäre vortäuschen möchte.
Bald hielt er an ohne etwas zu sagen und wir warteten, bis schließlich ein Einstein-Äffchen in den Bäumen auftauchte. Das Alpha Männchen einer großen Familie, die von seinem Rufen angezogen wurde und Pedro nun mit Mangos und Bananen näher lockte. Es dauerte nicht lange und bald war die gesamte Affenbande um uns versammelt und schnappte sich alles was Pedro ihnen „zusteckte“.
Als wir mit der Strömung wieder aus dem Mangroven trieben, sah Pedro besorgt aus, „wir müssen uns aufteilen“ wies er uns an und ich empfahl die Mädchen in das bequemere große Boot zu setzen.
Was kam denn nun? „Ok this will be a serious competition, no excuses!“ „Wich boot will catch the most fish!“ Natürlich ging er zu den Mädchen…
Ok, wir bekamen jeder eine Schnur mit Blei und Haken und einem soliden Vorfach – denn Piranhas sollten gefangen werden. Als Köder nahmen wir die vorher „geliehenen“ Shrimps und etwas gammliges Fleisch. Wir liesen uns im Schatten eines großen Baumes festleinen (wo er gerade noch 2 Giftschlangen beim Liebesspiel zeigte) und er selber verschwand mit den Mädchen um die nächste Flussbiegung.
„Oha, hoffe der Typ ist koscha.“
Ich fing sofort einen Fisch, naja Fischchen. Son mickrigen Goldzwergwels, den ich gleich auch wieder frei lies. – War wohl ’nen Fehler, denn dann fingen wir alle nix mehr.
Nach einer Stunden kamen die Mädels grölend angebraust und fragten was wir denn gefangen hätten? Ihr Eimer wäre nun voll… Miesmut machte sich bei den Jungs breit.
Sie hatten 6 Piranhas und ca. 8 Goldzwergwelse gefangen, manche sogar kleiner als meiner. „Mussten ja beweisen, dass wir was gefangen haben.“
Wir stiegen um ins Schnellboot und nahmen den alten Fischer mit bis wir ihn an einem geeigneteren Angelrevier wieder „freiließen“ – Aha. Soso!
Wir donnerten auf eine am Flussufer gelegene Pousada zu und gingen mal von Board. Pedro lies den Fang in der Küche zubereiten, während ich im Garten nach braunen Kokusnüssen suchte. Ich wollte doch dem Team zeigen, dass ich auch etwas Djungelüberlebens-Knowhow besass und öffnete die reife Frucht ohne spezielle Werkzeug. Mehr als ein guter Snack vor dem Hauptmal und ein leises „Aha“ konnte ich aber nicht ernten.
Die Fische wurden serviert und wir waren mehr als überrascht, wie gut diese bissigen Piranhas und die mickrigen Welse schmeckten. Könnte ich mir öfters gönnen, bemerkte ich höhnisch.
Die Zeit verging, aber laut Voranweisung, wollte Pedro noch eine Nachttour mit uns machen. Dürften wir uns etwa eine Stunde Siesta gönnen? Hoffte ich. – Nada. Ein Spaziergang zum Inseldorf wurde angekündigt und wir sattelten auf. Er erzählte uns, dass die Menschem am Flussufer Riberinho hießen und die Menschen am Strand Caiçara. Wir waren also bei den Riberinhos, die neben einer Grundschule auch eine Highschool besitzen und seit 2009 sogar Strom (und was damit genutzt wurde).
Die Leute waren sicherlich an Touristen gewöhnt, denn diese ließen sich von ihrem Tagesgeschäft nicht abhalten und zeigten keine Scheu bei unserem Portaniol. Von einem Tante-Emma-Laden wir ich ihn aus der Kindheit kannte, kauften wir uns selbstgemachtes Kokus-Öl und Honig für 1,50€
Als es Nachmittag wurde zogen wir mit dem Boot weiter zu einem Grundstück wo Cashew – Bäume angebaut wurden. Zusammen sammelten wir ein paar Nüsse auf – nur die Dicksten – und Pedro entflammte ein Feuer. „Die werden wir jetzt rösten“ posaunte er.
Das Cashewfrüchte 2 Fruchtkörber haben, einen süßen in der Form einer Paprika und einen bitteren, giftigen als Stil darunter, wusste ich von früheren Brasilien Reisen. Wie die Nüsse aber geröstet wurden, hätte ich mir nicht geträumt.
Man nehme eine alte verrostete Metallschale und positioniere diese über einem Feuer. Dort tut man die Nüsse hinein, die nach etwas Hize eine Milch ausschwitzen, welche hoch entzündlich ist.
Diese zündet man an. Nicht zögerlich sein, je mehr es qualmt und explodiert, desto mehr Spass macht die Sache. Aber immer kräftig rühren und wenden. Wenn dann alle Kerne schwarz verkohlt sind, schmeißt man sie um und löscht sie mit Sand.
So und jetzt ran und die schwarze Schale abpuhlen. Darunter steckt die ungesalzene Bio-Nuss.
Die Sonne ging hinter den Bäumen unter und es wurde schnell dunkel.
Als wir wieder ins Boot stiegen, fragte Pedro jeden Einzelnen mit ernster Miene: „ Hast du Angst vor Schlangen? Wirst du ins Wasser hüpfen, wenn ich eine ins Boot hole? “NAAAEIIINN, ich ich habe üüüberhaupt keine Angst vor Schlangen.“ Sagten auch die Frauen…
Wir sollten sehen…
In der Dunkelheit werden die meisten Järger wach und gehen auf Beutefang. Und diese Predator wollten wir nun suchen. Nachdem wir sahen wie überall die Leguane trollig schliefen, (manche auf dem Kopf und andere recht ungemütlich über 2 Äste), zeigte sich Frösche, schlafende Vögel und Ratten zwischen dem Dickicht. Unser Führer begann wieder mit absurden Geräuschen, eine Art Glucksen und Quaken. Und als seine Rufe erwiedert wurden, hielten wir darauf zu und er sprang, nach einigem Fixieren einer uns unsichtbaren Beute, vom Boot. Als er wieder auftauchte, hielt er eine Kinderportion Aligator (Caiman) in den Händen.
Nun waren wir uns sicher: wir sind der Inkarnation von Steve Irvine begegnet. Du glaubst mir nicht? Dann sieh dir das Video an:
Jeder (der den Mumm hatte) durfte den Krokofanten in den Arm nehmen und sich ablichten lassen. Schließlich wurde der sichtlich verärgerte Genosse wieder frei gelassen. Ich hatte irgendwie Mitleid… Versetzt euch doch mal in dessen Lage, ich meine da kommt so ein weißes Riesenkrokodiel an, dass dir schöne Augen macht und von Liebe erzählt, du begrüßt es mit: „Willkommen!“ und dann springt so ein trotteliger Mensch vom Rücken und macht sich über dich lustig. Der nächsten Plastik-Echse mit Akzent, sagt der grüne Kollege sicherlich nichtmehr „Guten Tag“….
Als letzten Akt des Abenteuers hielten wir auf die Schlangeninsel zu wo Mr. Irvine ein ausgewachsenes Exemplar fing und uns zeigte. Gleich zwei unserer angstfreien Mitmenschen wollten sofort auf die gegenüberliegende Seite des Bootes springen – soviel zur vorher verkündeten Angstfreiheit….
Berauscht wie aus einem guten Film stiegen wir aus dem Boot. Dass wir heute NICHT kiten waren, störte sicherlich niemanden. Nach einer herzlichen Verabschiedungsrunde, wurde es Zeit in die Stadt zu fahren und nach einem Restaurant zu suchen. Ich führte unsere kleine Expedition in ein Restaurant, bekannt für die lokale Spezialität: Caranguejo (Schlammkrabbe).
Wir revidierten lange die Erlebnisse und all die Eindrücke und die Fluss-Spezialität vor uns.
Bekennend bemerkte ich: „Wir sind wohl eher Caiçaras!“
ha, das ist ja ein Abenteuer wie in der Glotze!!!
So etwas bekommt man nicht alle Tage, da werdet Ihr ja für das nächste Jahr echt Zulauf haben, bei der Reklame! Und dann ist ja auch noch E.T. dabei….
Wird dann bestimmt so etwas wie der Krokodilmann werden, aber den hatten wir schon, oder doch lieber „Snakedundine“ ?????
Schön, daß Eure letzten Tage im Endlosensommer noch mal so`n Kracher geworden sind, was ist das schon gegen eine Weihnachtzeit bei Sauwetter.
Also genießen! Da könnt Ihr Euren Enkeln mal etwas tolles erzählen…
Gruß Dirl und Lilo